Familienforschung
Sachsen - Brandenburg - Schlesien

Die Geschichte der
Herrschaft Kolzig in Niederschlesien

Berufsgenealoge Dirk Habermann

Landkarten aus dem
Verlag Schreiber - Leipzig um 1730









Einleitung
Herrschaft
Kirchen
Kolzig
Lipke
Grünwald
Jeschane
Karsch Vorwerk
Glashütte
Schlabrendorf
Otterstädt
Neuvorwerk
Seetannhaus
Kontakt

Jeschane


Einen allerersten Hinweis liefert scheinbar der Autor Stefan Petriuk. In einem Prozess zwischen dem Kolziger Dorfpfarrer Andreas und dem Grundherren von Kiebel Abraham von Bentschen ab 1433 geht es auch um den Streit um eine Wasserstauanlage. Möglicherweise handelt es sich um dieselbe Anlage, welcher 1494 in dem bereits mehrfach genannten Grenzrezess behandelt wird. Darin berichtet ein Textabschnitt von einem 'fortalitium' , einer Festung oder einem befestigtem Ort 'vulgariter jass dictam, inter molendinum dictae villae Kolsko et memoratum lacum Parvum Orchowo jacentem', also 'gewöhnlich jass genannt, zwischen der Mühle genannten Dorfes Kolzig und erwähntem See Parvum Orchowo gelegen'.

Die im Text genannte Bezeichnung 'jass' ist vermutlich gleichbedeutend mit polnisch 'jaz', was Wassersperre oder Stauwehr bedeutet. Es scheint sich um eine Stauanlage gehandelt zu haben, welche gleichsam eine Grenzbefestigung dargestellt hat. Ob bereits ein Vorwerk bestanden hat, ist ungewiss. Die älteste konkrete Nachricht über den Ort Jeschane findet sich dann als 'Iaschian' auf der Erstausgabe der Landkarte 'Ducatus Silesiae Glogani' des Jonas Scultetus um das Jahre 1630. Weitere Schreibweisen waren 1665 'Jeschan', 1753 'Iaschan' und 1783 'Jeschane'.

Der Name der ältesten bekannten Jeschaner Familie ist 1664 Kunerd. Der Name ist aufgrund der Kolziger Hexenprozesse überliefert. So wollte die 'alte Kunerden' aus Jeschane den Tod der bereits verbrannten Hexen an der Frau von Kittlitz in Kolzig und an den Kindern des Gerichtsscholzen von Grünwald rächen. Eines der Kinder des Gerichtsscholzen wurde angeblich von der Kunerden vergiftet. Die alte Kunerden wurde 1665 in Kolzig verbrannt.

Es muss wohl bereits zu dieser Zeit vier Kutschnerstellen zu je einer viertel Hufe gegeben haben. Diese Kutschnerstellen enthielten meist ein weiteres inneliegendes Wohnhaus oder einen inneliegenden Wohnplatz, welches oder welcher situationsbedingt als Ausgedinge, als Wohnstelle für Familienangehörige oder vielleicht auch mal für eine fremde Familie diente. Vermutlich kam gegen 1676 der erste Habermann, vermutlich aus Reinshain im Weichbild Freystadt gebürtig und aus Hirschfeldau im Weichbild Sagan stammend, mit seinem jungen Sohn aus Wollstein nach Jeschane und wurde daselbst Inlieger, Inwohner oder Häusler, vielleicht auf der Kunerdschen Kutschnerstelle.

Das Decemregister von 1687 nennt für Jeschane einen Hoffmann, einen Schäfer sowie die vier Kutschner Woyte, Klim, Klim und Kunert. Laut dem Visitationsbericht von 1687/88 gab es in Jeschane 5 Gärtner, was aber so nicht zu stimmen scheint. Es dürften 4 Kutschner und ein inneliegender Häusler gewesen sein. Anstelle des 1687 letztmalig genannten Kutschners Kunert erscheint ab 1695 der Kutschner Habermann. Diese Kutschnerstelle war einerseits direkt am Vorwerk und andererseits am Jeschaner See gelegen, was strategisch recht vorteilhaft war und eine gute wirtschaftliche Basis bot. Weitere Jeschaner Namen waren 1751 Kaschke und Nowack.

Im Jahre 1753 gab es in Jeschane nach der Kriegs-Carte von Wrede ein Vorwerk, 5 Gärtner oder Häusler, also wie oben schon festgestellt eigentlich 4 Kutschner und einen inneliegenden Häusler, sowie scheinbar ein herrschaftliches Fischerhaus, auf dem Fischerberg gelegen. Es gab somit in den letzten 65 Jahren seit der Kirchenvisitation von 1687/88 keine nennenswerte Entwicklung in Jeschane. Weitere Jeschaner Namen waren 1759 Kuhnert, 1761 Münch, 1762 Tham, 1785 Kliem, Noack und 1786 Fink.

Im Jahre 1787 gab es in Jeschane nach Zimmermann ein herrschaftliches Vorwerk und 6 Häuslerstellen mit 54 Einwohnern. Konkret waren das 4 Kutschner und 2 Häusler. 1796 wurde gegenüber dem alten Hof der Familie Habermann, welcher auf der seezugewandten Seite der Straße gelegen hat, der neue Hof der Familie Habermann auf der seeabgewandten Seite der Straße errichtet. Etwa ab dieser Zeit sind auch einige neue Häuslerstellen entstanden. Weitere Jeschaner Namen waren 1792 Herkt, 1814 Weyrauch, 1819 Sempft, 1836 Knopp, 1838 Thiem, 1839 Laube, 1843 Hoffmann, Ludwig, Wichert, 1853 Vorwerk, 1854 Flieger, 1860 Kuch, 1861 Groß, 1867 Walther und Woit.

Gegen 1867 ging der Hof der Familie Habermann wieder mal auf den nächsten Sohn über. Derselbe vergrößerte den Stammhof in der Größe von 30 Morgen um eine weitere Kutschnerstelle auf 60 Morgen, womit er abgesehen vom Vorwerk fast halb Jeschane besaß. Diese neu erworbene Kutschnerstelle wurde 1875 stark parzelliert und ein großer Teil davon an andere Familien verkauft. Damit konnten wiederum neue Häuslerstellen entstehen. Weitere Jeschaner Namen waren 1872 Gems, 1885 Tschierschke, 1898 Doil, 1924 Bähr, Hof, Linke, Schilf, Schmeiß, Titze, Wenske, Wilksch, Winter und Wittig.

Im Jahre 1933 übernahm eine Tochter Habermann in achter Generation die Kutschnerstelle in Jeschane und verehelichte sich mit einem Dohnt aus Grünwald. Damit war diese Kutschnerstelle zum Zeitpunkt der Vertreibung 250 Jahre im Besitz der Familie Habermann. Weitere Namen waren 1933 Ernst, Fitze, Hampicke, Hensel, Hoff, Michalski, Rösicke, Völkerling, Wittich, 1937 Merda, Pasidor, Ulbrich und Wenzel, wobei viele der Jeschaner Namen auf Beschäftigte im Vorwerk entfallen. Im Jahre 1937 wurde Jeschane unter den Nationalsozialisten in Seeblick umbenannt.




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